FR, 15.12.2006: Erziehung ist manchmal ganz schön schwer
Puuhh..., wie bringt man seinem Kinde bei, was "Verlässlichkeit" ist? Ich habe gerade wieder erfahren, dass wir - oder ich - da noch einiges an Arbeit leisten müssen, auch, was den Umgang mit der Tatsache betrifft, dass das für Dich tatsächlich noch ein Fremdwort ist, denn das hat mich etwas sauer gemacht. Da muss ich wohl noch an MIR arbeiten...

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FR, 15.12.2006: Von Papa

Was ist passiert?

In der gestrigen Nacht warst Du mal wieder alles andere als müde. Schon um 1.00 kamst Du das erste Mal zum Pipi machen. Ab 2 Uhr war dann vorbei mit schlafen wollen, Du warst das dritte oder vierte Mal draussen.

Ich war ganz lieb zu Dir, und fragte Dich, warum Du denn nicht schlafen willst. Du sagtest, das sei so langweilig. Ich fragte Dich, ob Du denn nicht müde bist, Du sagtest nein. OK, ich denk´ mir, bist Du ein lieber Papa, und machst einen gütlichen Vorschlag:

Ich sagte Dir, dass Du heute - ausnahmsweise - in Deinem Bett lesen darfst, auch in der Annahme, dass Du dann schon irgendwann müde werden und einschlafen würdest. Dazu habe ich Dir die Weihnachtsbaum-Lampe am Fenster angemacht, die ist ziemlich hell.

Ich verknüpfte das aber mit Bedingungen: Ich sagte Dir, dass das große Licht AUS bleibt, dass Du das Bett nicht verlässt (und nicht auf dem Boden spielst), und dass Du leise bist.

Das waren wohl zu viele Bedingungen. Du hast sie alle missachtet! Zunächst hast Du nach 10 min. angefangen zu erzählen. Schön laut. Ich kam wieder zu Dir rein, Du vor Deinem Bücherregal ("ich wollte mir nur ein anderes Buch holen!"). Ich sagte Dir nochmal, leise sein und im Bett bleiben!

Dann bin ich schlafen gegangen.

Heute Nacht kamst Du zu mir ins Bett (das passiert sehr selten und normalerweise schicke ich Dich dann zurück, aber heute hatte ich es zugelassen, weil Du etwas Husten hast und gesundheitlich also etwas angeschlagen bist). Später bemerkte ich, dass überall das Licht brannte. Nicht nur das große Licht in Deinem Zimmer war an, sondern auch beide großen Lichter im Flur brannten die ganze Zeit unnütz vor sich hin. Das war der erste Punkt, wo ich schon mal sauer wurde, denn Mama und ich versuchen wirklich schon lange, Dir beizubringen, Lichter auszumachen, wenn man sie nicht braucht! Du weißt es auch, und belehrst uns mitunter sogar, dass das Geld kostet! Bloß halten tust Du Dich nicht dran!

Morgens habe ich dann festgestellt, dass im Flur ein komplettes Puzzle über den Boden verteilt war und auch in Deinem Zimmer - gestern Nacht noch schön aufgeräumt - zeugten rumliegende Bücher, Stifte und Kuscheltiere davon, dass Du keinen Bock hattest, Dich an unsere Abmachungen zu halten.

Soweit die Kritik an Dich.

Mich selbst ärgert, dass ich das Ganze viel zu emotional sehe. Ich war nämlich wirklich sauer heute Morgen, dass Du nichts eingehalten hattest. Ich versuchte Dir zu erklären, wieso ich böse bin, aber es ist mir nicht besonders gut geglückt. Du hast nur geweint, und ich hatte das Gefühl, Du hörst mir überhaupt nicht zu. Ich war nicht SEHR böse, also ich bin nicht laut geworden oder so, aber meine Stimme war schon ernsthaft.

Tja, wie denn richtig mit solchen Situationen umgehen? Es kann ja nicht die Lösung sein, das einfach zu ignorieren. Man muss ja darauf reagieren und Dir vermitteln, dass da was falsch gelaufen ist. Und ich habe das Gefühl, wenn man Dir es nicht mit einer gewissen Ernsthaftigkeit sagt, ist´s Dir grad egal, und Du hast´s nach einer Minute schon wieder vergessen, wenn es Dich überhaupt erreicht?!

Wir hatten einen Deal, der lautete: Du darfst - nachts um 2, 3 Uhr - lesen, das kleine Licht darf anbleiben. Das ist eine Ausnahme. Dafür bleibt das große Licht aus, und Du bleibst im Bett.

Wenn ich daran denke, dass das sprichwörtlich alles noch "Kinderkram" ist, und ich mir hier schon immer wieder die Frage stellen muss: Machst Du das richtig? - kann ich nur sagen, da freu ich mich doch schon auf Deine Pubertät, wenn´s um *echte* Probleme geht! Wenn es darum geht, Dir zu vermitteln, wie wichtig Schule ist für die Zukunft! Wie damit umgehen, wenn Du klaust, Drogen futterst, mit schwachsinnigen Typen abhängst, man nicht weiß, ob Du - nicht mehr Kind und noch nicht Frau - verhütest??? Das wird noch lustig! ;-))

Gerade deshalb ist es wichtig, frühzeitig dafür zu sorgen, dass gewisse Sachen nicht in falsche Bahnen laufen.
Es hat mit auch leid getan heute Morgen. Ich wollte nicht, dass Du weinst. Aber man muss sich eben aufeinander verlassen können und Abmachungen auch einhalten. Das ging heute leider voll in die Hose.

Danach hast Du mich übrigens gleich noch mal geärgert. Als wir auf dem Weg zum KiGa waren, hast Du mehr als nötig getrödelt auf der Treppe und dauernd leise vor Dich hingenölt. Als ich Dich fragte, was Dein Problem ist, sagtest Du, der Rucksack sei zu schwer! Hahaha, das ist ein ganz kleiner, federleichter Rucksack, gefüllt nur mir einer Brotdose. Der wog vielleicht keine 400 g.

Ich zeigte Dir, dass ich das nicht akzeptiere und dass ich den Rucksack mit dem kleinen Finger heben kann (Du hättest das auch gekonnt). Unten angekommen, auf der zweitletzten Stufe, hast Du den Rucksack dann fallen lassen und hast gemeckert, Du könntest nicht mehr!

Und dann im KiGa, beim Verabschieden, fingst Du plötzlich leise an, zu weinen. Ich fragte, was ist. Da sagtest Du mir ins Ohr: "Du hast meinen Fotoapparat vergessen". ICH - ich habe ihn vergessen!!! Nein, er war in Deiner Jackentasche und DU hattest ihn vergessen.

Souveräner mit solchen Situationen umgehen - ich muss noch viel an mir arbeiten! :-)

Kuss, Papa

MO, 15.01.2007: Nachtrag von Papa

Jetzt hab´ ich ein ganz anderes Gefühl. Jeder hat mal schlechte Tage - Du - ich - jeder. Die letzten Tage (Anfang 2007) warst Du so lieb und warst so gut drauf! Da gab´s echt so gut wie null Stress!

Kuss, Papa


Web-Tagebuch von Lia Kim Alina