SO, 28.08.2005: Aktuelles: Katrina bringt New Orleans den Untergang
Heute wurde New Orleans vom Hurrikan Katrina heimgesucht.

Das ist die schwerste US-Katastrophe seit dem Erdbeben von 1906, das San Francisco zerstörte. Dabei streifte das Zentrum des Hurricans New Orleans nur, und die Metropole entkam damit knapp der ganz großen Katastrophe.

Doch zögerliche Rettungsversuche der US-Regierung bringen die zerrissene Gesellschaft des Südens zum Vorschein: Wer kein Geld hat, bangt um sein Leben. In der Stadt herrschen Unruhen und Plünderungen, worauf der Ausnahmezustand, das Kriegsrecht und Gesundheitsnotstand ausgerufen wurden.

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DI, 06.09.2005: Von Papa

CHRONIK DES HURRICAN KATRINA


25. August: Der Südosten Floridas bereitet sich am Nachmittag auf die Ankunft von „Katrina“ vor, die sich als Tropensturm der Küste nähert. Für den Abschnitt von Vero Beach und Florida City gilt eine Hurrikanwarnung. Am Abend hat „Katrina“ wenige Kilometer vor der Ostküste Floridas an Kraft gewonnen und wird zum Hurrikan hochgestuft.

26. August: „Katrina“ zieht in der Nacht mit unerwarteter Zerstörungskraft über Florida hinweg. Sieben Menschen kommen ums Leben. Mehr als 1,3 Mio. Menschen sind ohne Strom, weil herunterfallende Äste die Leitungen beschädigten. Der Hurrikan tankt wieder Kraft über dem Golf von Mexiko. Die US-Bundesstaaten Mississippi und Louisiana rufen den Notstand aus. Über dem Golf sind Geschwindigkeit von 280 Kilometern pro Stunde gemessen worden.

27. August: Präsident George W. Bush erklärt Louisiana mit der Jazzmetropole New Orleans zum Katastrophengebiet. In Louisiana beginnt die Flucht vor dem Hurrikan ins Landesinnere.

28. August: „Katrina“ wird auf die höchste Kategorie fünf heraufgestuft. Mit Windgeschwindigkeiten von 256 Stundenkilometern im Zentrum steuert der Hurrican auf die Südostküste zu. Mittags wird New Orleans zwangsevakuiert.
80 % der 485 000 Einwohner flüchten Richtung Norden.

Die Zufahrtstraßen werden zu Einbahnstraßen erklärt. An Tankstellen geht das Benzin aus. Insgesamt fliehen über eine Million Menschen vor dem Sturm.

29. August: Mittags erreicht der Hurrikan mit schweren Sturmböen die Küste. In New Orleans fällt der Strom aus, Teile des Telefonnetzes sind lahm gelegt. Nachmittags peitschen Orkanböen und sintflutartige Regenfälle über Land.

Bäume werden entwurzelt, Dächer abgedeckt, Strommasten umgeknickt, Krankenhäuser stehen unter Wasser. Im Sportstadion Superdome in New Orleans, das als Notlager eingerichtet wurde, suchten rund 30.000 Menschen Zuflucht. Hunderte warteten vor den von Soldaten kontrollierten Eingängen der Arena mit ihren 70.000 Plätzen. In New Orleans und Umgebung leben rund 1,3 Millionen Menschen. Die Stadt gilt als besonders gefährdet, weil sie zu weiten Teilen unter dem Meeresspiegel liegt und nur durch Deiche vor der Überflutung geschützt wird.

Es wird befürchtet, dass die Stadt in den Fluten untergeht. Das Ausmaß der gewaltigen Schäden wird allmählich sichtbar: Ganze Stadtviertel stehen zwei bis drei Meter unter Wasser, mehr als eine Million Haushalte sind ohne Strom.

Experten schätzen die Schäden auf mehr als 30 Mrd. Dollar (24,5 Mrd. €).

Das Auge des Hurrikans drehte kurz vor der Metropole New Orleans nach Osten ab, so dass sich die schlimmsten Befürchtungen nicht erfüllten. Umso heftiger wurden aber die US-Staaten Mississippi und Alabama getroffen. Der Sturm hatte vor seinem Aufprall an der US-Küste ein wenig von seiner zerstörerischen Kraft verloren. Über dem Golf von Mexiko waren noch Geschwindigkeiten von 280 Stundenkilometern gemessen worden. Als "Katrina" schließlich die Küste von Louisiana erreichte, waren es 235 Kilometer, so dass er in die zweithöchste Kategorie 4 herabgestuft wurde. Später waren es dann nur noch rund 200 Kilometer pro Stunde, was der Kategorie 3 entspricht. Auch waren die Flutwellen mit einer Höhe von gut vier Metern nur etwa halb so hoch wie befürchtet.

Dennoch hatte der Wirbelsturm verheerende Folgen.

Die ökonomischen Folgen von Hurrikan "Katrina" könnten globale Dimensionen annehmen. Die US-amerikanische Investmentbank Goldman Sachs sieht eine weltweite Energiekrise heraufdämmern.

30. August: In New Orleans spielten sich dramatische Szenen ab: Ein Dammbruch setzte 80 Prozent der Stadt unter Wasser, in manchen Vierteln versanken Häuser bis zur Dachkante.

Verzweifelte Menschen, die auf die Dächer geklettert waren, schrien um Hilfe. Die Küstenwache zog nach Angaben von Sprecher Dave Callahan mit Seilen mehr als 300 Menschen in Sicherheit. Auf manchen Dächern waren Retter mit Hacken im Einsatz. Sie rissen Löcher in die Dachstühle, um Eingeschlossenen Fluchtwege zu schaffen.


In Mississippi und Alabama kämpften sich Rettungskräfte durch meterhohe Trümmerberge und Schlammhaufen, um Eingeschlossene zu erreichen. Den Einwohnern von Biloxi stand das blanke Entsetzen ins Gesicht geschrieben: Hier war "Katrina" mit voller Wucht an Land gekommen und hatte eine sechs Meter hohe Flutwelle durch die Straßen getrieben. Mindestens ein Wohnhaus stürzte wie ein Kartenhaus ein und begrub vermutlich mehr als 30 Menschen unter sich.

"An der Küste von Mississippi werden wir hunderte Tote sehen", sagte der Sprecher der besonders schwer getroffenen Stadt Biloxi, Vincent Creek. Es seien bereits Leichen gefunden worden. "Was hier passiert ist, ist unvorstellbar. Biloxi ist quasi untergegangen."

Der Stadtteil Point Cadet sei komplett von der Außenwelt abgeschnitten. Niemand wisse, wie es den Anwohnern dort gehe. In Biloxi leben 50.000 Menschen. Bislang ist bekannt, dass allein in einem einzigen Apartmentblock der Stadt 30 Menschen ums Leben gekommen sind.

Die genaue Zahl der Opfer stand zunächst nicht fest. Viele seien aber in ihren Häusern eingeschlossen gewesen, als eine neun Meter hohe Flutwelle die Gebäude unter sich begraben habe, sagte ein Sprecher. Die Menschen seien ertrunken oder von Trümmern eines eingestürzten Hauses erschlagen worden, sagten Rettungskräfte.


"5 Frauen und 10 Kinder sind hier", steht hier.

In den Bundesstaaten Louisiana, Mississippi und Alabama sitzen noch immer Tausende Anwohner in ihren überfluteten Häusern oder auf Dächern fest. Weite Teile der Region standen unter Wasser, eine Million Menschen waren ohne Strom, unter den Trümmern eingestürzter Häuser wurden weitere Opfer befürchtet.

New Orleans versinkt im Chaos

Im Bundesstaat Louisiana wurden offiziell keine Toten gemeldet, doch auch dort wurde mit Opfern gerechnet. Der Bürgermeister von New Orleans, Ray Nagin, sprach von Leichen, die in den überfluteten Straßen trieben. "Mein Herz ist schwer heute Nacht", sagte Nagin. "New Orleans ist in einem Zustand der Verwüstung. Wahrscheinlich steht 80 Prozent der Stadt unter Wasser." In einigen Teilen stehe das Wasser sechs Meter hoch. Beide Flughäfen seien überflutet. Nach seinen "konservativen Schätzungen" wird es mindestens zwei Monate dauern, bis die Stromversorgung wieder in Stand gesetzt werden kann. Auch die Schulen blieben in den kommenden beiden Monaten geschlossen.

Es gebe weder Nahrungsmittel noch Trinkwasser, berichtete die lokale Radiostation 4WWL. Weil die Toiletten nicht mehr funktionierten, seien die verbliebenen Einwohner aufgefordert worden, ihre Notdurft in Plastiktüten zu verrichten. In der Stadt funktioniere nichts mehr: Kein Licht, kein Telefon, kein Fernseher. Nach einem Bericht des Fernsehsenders Fox News gibt es in einem Umkreis von hundert Kilometern weder Milch, Trinkwasser oder Benzin.

Einem Fernsehbericht zufolge nutzten in New Orleans mehrere hundert Menschen die Notlage aus und plünderten Geschäfte.

31. August: Im Superdome von New Orleans, einem als Notunterkunft ausgewiesenen Football-Stadion, herrschen katastrophale Zustände, nachdem sich die Zahl der Flüchtlinge dort auf mindestens 30.000 verdreifacht hat.

Bei Temperaturen von 33 Grad Celsius fiel wegen des Hochwassers der Strom aus. Weder Toilettenspülungen noch Klimaanlagen funktionieren. Überall stapelt sich nach Augenzeugenberichten der Müll. In dem Stadion ist es heiß, stickig und feucht. Ein Mann stürzte sich von einer Tribüne des Stadions in den Tod.

In den Krisengebieten um New Orleans steuert die Situation inzwischen auf eine humanitäre Katastrophe zu. "Die Schäden sind größer als in unseren schlimmsten Befürchtungen", sagte die Gouverneurin von Louisiana, Kathleen Blanco. "Die Situation ist unhaltbar. Es bricht einem das Herz." Weil zwei Dämme und die zentrale Wasserleitung gebrochen seien, wolle sie die ganze Stadt evakuieren lassen. Die demokratische Senatorin Mary Landrieu verglich die Situation in Louisiana mit der in Indonesien nach dem Tsunami Ende vergangenen Jahres.

Leichen würden von den Rettungskräften in den Booten einfach beiseite gestoßen, sagte Bürgermeister Ray Nagin. Die Häuser mit Toten werden mit roten oder schwarzen Zeichen markiert. "Wir kümmern uns jetzt nicht um die Toten", sagte Nagin.

Rettungskräfte im Hochwassergebiet befreiten Hunderte Bewohner aus Dachböden und von Hausdächern und brachten sie in Sicherheit. Die Rettungsaktionen liefen nach Berichten des Fernsehsenders CNN teilweise chaotisch ab: Weil den Helfern das nötige Gerät fehlte, hackten sie mit den Ankern ihrer Boote Löcher in die Dachstühle, um die Eingeschlossenen zu befreien. Umgestürzte Bäume und herabhängende Stromkabel behinderten die Arbeiten. An vielen Stellen waren immer noch Hilfeschreie in den überschwemmten Häusern zu hören. Mit Hubschraubern wurden ganze Familien aus umfluteten Häusern gerettet.

Die Zahl der Todesopfer war weiter völlig unklar. Ein Sprecher der Stadt Biloxi rechnete mit Hunderten Toten allein an der Küste des Bundesstaats Mississippi. "Biloxi ist quasi untergegangen", sagte der Sprecher.

George W. Bush verkürzte angesichts der Naturkatastrophe seinen fünfwöchigen Sommerurlaub um zwei Tage und wollte heute nach Washington zurückkehren. "Unsere Herzen und Gebete sind bei unseren Mitbürgern an der Golfküste", sagte Bush gestern in Kalifornien. Nach Angaben des Weißen Hauses wird er das Katastrophengebiet in Kürze besuchen.

Nach Angaben der US-Behörden wurden im Golf von Mexiko mehr als 700 Ölförderstätten geschlossen. Am Anfang war nur von 22 Plattformen und Bohrtürmen die Rede gewesen.

Aus der Region stammt normalerweise ein Viertel der gesamten Benzin- und Heizölproduktion der USA. Die Ölkonzerne Exxon Mobil und Royal Dutch Shell beklagen derzeit allerdings vor allem die Versorgungsprobleme in Folge der Stromausfälle auf dem Festland. Die Schäden konnten die Konzerne noch nicht genau beziffern.

"Katrina" ist vorbeigezogen, doch die Gefahr für die Menschen in dem Krisengebiet ist noch nicht vorbei. Experten sehen nun vor allem gesundheitliche Risiken.

Die größte Gefahr sehen die Katastrophenschützer im Trinken von verschmutztem Wasser. Vielerorts sei durch "Katrina" die Trinkwasserversorung zusammen gebrochen, und die Vorräte an Mineralwasser reichten nicht aus.

Die meist stehenden Wassermassen im Krisengebiet seien jedoch kontaminiert. Weil die Kanalisation durch den Wirbelsturm überflutet wurde, schwimmen Fäkalien im Wasser. Auch durch Tierkadaver gelangen Keime ins Wasser. Möglicherweise sind auch Tanks leckgeschlagen und Chemikalien ausgetreten, so dass Vergiftungen drohen.

Müllberge: Weil die Müllentsorgung nicht funktioniert, sammeln sich nach Katastrophen in den betroffenen Gebieten Massen an Unrat und Trümmer an. Dies ist wiederum ein ideales Umfeld für Ratten, die Infektionen übertragen können.

Massenpsychosen : Die in Notunterkünften hausenden Menschen leben in Unsicherheit und Angst um ihre Angehörigen sowie um ihr Hab und Gut. Vor allem in geschlossenen Notunterkünften wie dem Football-Stadion "Superdome" besteht nach Auffassung der Katastrophenschützer die Gefahr von Massenpsychosen. Viele sozial schwach gestellte US-Bürger sind nicht versichert und der Verlust von Eigentum stellt somit eine umso größere psychische Belastung dar.

Der Nachrichtensender CNN meldete unter Berufung auf einen Polizeibeamten, dass die Behörden besorgt seien, dass sich die Situation im Inneren des Stadions verschlechtere. Es breite sich Unruhe aus, berichtete der Polizist. Die Klimaanlage in der geschlossenen Halle ist bereits ausgefallen, wegen des Hochwasser funktionieren die Sanitäranlagen nicht mehr. In den Straßen von New Orleans kam es unterdessen mehrfach zu Plünderungen und Schusswechseln zwischen Polizei und Plünderern.

Nach Angaben der lokalen Medien in Louisiana steht der Bundesstaat erstmals in seiner Geschichte vor einem massiven internen Flüchtlingsproblem. Rund eine Million Menschen sei obdachlos geworden. Es werde mehr als zwei Monate dauern, bis die Einwohner nach New Orleans zurückkehren könnten.

Es war die letzte Zuflucht für Zehntausende, die aller Warnungen zum Trotz die Stadt nicht verlassen haben: das Football-Stadion Superdome in New Orleans. In dem Heimat Stadion der New Orleans Saints, hieß es, seien sie sicher vor "Katrina", einem der schlimmsten Hurrikane in der Geschichte der USA. Doch der Zufluchtsort wurde zur Falle. Das Wasser steht um den Superdome herum bereits einen Meter hoch.

Viel schlimmer, so scheint es, können die Zustände im Superdome derzeit kaum werden. Zehntausende Menschen sind in dem Stadion eingepfercht. Wegen des Hochwassers ist der Strom ausgefallen. Die Toiletten funktionieren nicht, seit Tagen konnten sich die Flüchtlinge nicht mehr waschen, die Klimaanlage funktioniert nicht, die Müllberge wachsen, der Geruch ist entsprechend. Die drückende Schwüle macht das Ganze nicht besser. Lokale Fernsehsender berichten, die Lage sei so menschenunwürdig, wie man es sonst nur aus Massenflüchtlingslagern der Dritten Welt kenne. Zumindest sorgt die Armee dafür, dass die Menschen mit Wasser und Nahrung versorgt werden.

US-Präsident George W. Bush hat bei der Rückkehr aus seinem Urlaub in Texas die von "Katrina" betroffenen Gebiete im Süden der USA überflogen. Wie das Weiße Haus mitteilte, ging die Präsidentenmaschine "Air Force One" zeitweise auf eine Flughöhe von nur 510 Metern, damit Bush sich aus der Luft ein Bild vom Ausmaß der Zerstörungen machen konnte.

Die Lage in den Katastrophengebieten der US-Südküste gerät langsam außer Kontrolle. Zwei Tage nach dem Durchzug des Wirbelsturms "Katrina" herrschten in den betroffenen Bundesstaaten zum Teil chaotische Zustände. Rettungskräfte bemühten sich überall verzweifelt, auf den Dächern ihrer Häuser gestrandete Menschen zu bergen. In New Orleans stieg das Hochwasser nach dem Bruch eines Dammes und dem Versagen zahlreicher Pumpanlagen weiter an. Nach Angaben von Bürgermeister Ray Nagin wird es zwischen drei und vier Monaten dauern, bis die Bewohner in die Stadt zurückkehren können.

In New Orleans steht das Wasser mehrere Meter hoch. Laut Augenzeugen spielen sich dort apokalyptische Szenen ab. Leichen treiben an den Überlebenden des Hurrikans "Katrina" vorbei. Die Behörden berichteten selbst von einem knapp einem Meter langen Hai, der durch die Straßen geschwommen sein soll. Andere haben Angst, sich von ihren Dächern ins Wasser zu begeben, weil sie Schlangen und Krokodile fürchten.

Die Benzinpreise in Deutschland sind heute in bisher nicht gekanntem Ausmaß gestiegen: Esso erhöhte die Preise für die meistgetankte Benzinsorte Super auf einen Schlag um acht Cent je Liter. Entspannung ist nicht in Sicht. Experten erwarten im Laufe der Woche weitere Steigerungen. Die jüngsten Preiserhöhungen sind nach Einschätzung des ADAC nicht gerechtfertigt. Esso und Shell hatten die Preise um acht Cent je Liter angehoben. Offenbar würden die Zerstörungen durch den Hurrikan "Katrina" ausgenützt, um Kasse zu machen.

New Orleans scheint verloren: Die Südstaaten-Metropole steht fast komplett unter Wasser, nun sollen die Bewohner in einer gigantischen Armee-Operation aus der Stadt gebracht werden. Experten befürchten, es wird Monate dauern, bis die Menschen zurückkehren können. Die Gouverneurin des US-Staats Louisiana, Kathleen Blanco, ordnete die vollständige Evakuierung der 480.000-Einwohner-Metropole an.

Die Verzweiflung der Anwohner steigt stündlich. "Wir sollen gehen. Aber wohin?", rief ein von der Hitze gezeichneter Mann in die Fernsehkameras. Tausende Menschen, die noch in ihren Häusern ausgeharrt hatten, flüchten jetzt wegen der steigenden Pegel aus der Stadt. Auf einer höher gelegenen Durchgangsstraße sind Tausende ziellos unterwegs, viele mit Kindern auf den Armen, die Alten gestützt auf Angehörige. Manche lassen sich am Straßenrand nieder und versuchen, sich mit Decken notdürftig vor der sengenden Sonne zu schützen.

1. September: Hurrikan "Katrina" hat nach Einschätzung der Uno eine der schlimmsten Naturkatastrophen der Geschichte verursacht - die materiellen Schäden seien größer als nach dem Tsunami-Drama in Asien Ende vergangenen Jahres.

Experten befürchten jetzt den Ausbruch von Seuchen in den Hurrikan-Gebieten.

Während die Opferzahl in Asien dramatisch höher lag, ist der materielle Schaden, den "Katrina" verursachte, deutlich größer.

Die Lage in den verwüsteten Gebieten im Südosten der USA spitzt sich weiter zu. US-Sender berichteten über die wachsende Frustration und Verzweiflung der Betroffenen in den Katastrophengebieten. Tausende Menschen sollen in der verwüsteten Küste am Golf von Mexiko in ihren überfluteten Häusern noch immer gefangen sein. Augenzeugen berichteten von zahlreichen im Wasser treibenden Leichen und von Menschen, die wegen ausbleibender Versorgung mit Wasser und Lebensmittel zusammenbrechen und sterben würden.

Insgesamt wurden an der Südküste der USA mindestens 20 Bohrinseln und Ölplattformen vermisst. "Sie sind entweder gesunken oder losgerissen worden", sagte ein Sprecher der US-Küstenwache. Eine zerstörte Gas-Pipeline stand in Flammen. Der Golf von Mexiko ist das wichtigste Öl- und Gasfördergebiet der USA. Zudem liegt dort der Schwerpunkt der ölverarbeitenden Industrie. "Katrina" hatte die Rohölförderung der USA um 25 Prozent und die Raffinerienkapazitäten um zehn Prozent lahm gelegt.

Als Folge der Ausfälle stiegen die bereits hohen Benzinpreise weiter an. In den vom Sturm betroffenen Regionen - Louisiana, Mississippi, Alabama und Florida - wurde der Nachschub knapp. An vielen Tankstellen bildete sich Kilometer lange Schlangen, und zahlreiche Zapfsäulen waren leer.

Unterstützung aus Deutschland: Kanzler Schröder und Außenminister Fischer haben den USA Hilfe wegen der verheerenden Verwüstungen durch den Hurrikan "Katrina" angeboten. Deutschland stehe fest an der Seite der USA, sagte Schröder.

Die Evakuierung von bis zu 30.000 Menschen aus dem Superdome in New Orleans ist unterbrochen worden. Vor dem Stadion war auf einen bei der Räumung eingesetzten Hubschrauber geschossen worden. Im und um das Footballstadion brennen mehrere Feuer.

Auch die Plünderungen nehmen immer schlimmere Ausmaße an. Nach Fernsehberichten räumten gestern in der nach einem Dammbruch zu 80 Prozent überfluteten Metropole New Orleans "ganze Horden von Menschen" Läden aus, und Plünderer benutzten in einem Fall sogar einen Gabelstapler, um Fensterscheiben in einem höheren Stockwerk einzuschlagen. Louisianas Gouverneurin Kathleen Blanco sagte kommentierte die Wildwest-Szenen im Fernsehen mit den Worten: "Ich koche vor Wut."

Die Polizei werde alles versuchen, den Plünderern das Handwerk zu legen. "Wir werden sie mit allen Mitteln von den Straßen holen", kündigte Blanco an. Der Aufforderung an die Bevölkerung, sich vor Ankunft von "Katrina" aus der Stadt in Sicherheit zu bringen, waren Tausende Bewohner nicht gefolgt. In einem Bezirk von New Orleans war am Vortag ein ganzes Wal-Mart-Kaufhaus leer geräumt worden, einschließlich der Waffenabteilung. Der Sicherheitschef der Stadt, Terry Ebbert, warnte vor "Banden bewaffneter Männer, die durch die Stadt ziehen".

Nach dem "Katrina"-Schock verlangen die Menschen Aufklärung: Was geschah mit den Wasserpumpen? Warum hielten die Dämme nicht? Fehlen die zig Milliarden Dollar für den Irak-Krieg jetzt im Küstenschutz? US-Präsident Bush gerät nach den Verheerungen in den Südstaaten zunehmend unter Druck. Sogar die streng konservative Zeitung "The Manchester Union-Leader" warf dem Präsidenten vor, nicht schnell genug auf den Hurrikan reagiert zu haben. "Die klare, selbstbewusste und intuitive Führung, die Bush während seiner ersten Amtszeit an den Tag legte, ist verschwunden", kritisierte ein Kommentator. "An ihre Stelle trat eine zaghafte Distanziertheit, die nicht zu dem Präsidenten eines Landes passt, das sich Krieg, einer Naturkatastrophe und wirtschaftlicher Unsicherheit gegenübersieht."

Katrinas verheerender Feldzug betrifft jeden: In Louisiana mussten Tausende Häftlinge aus komplett überschwemmten Gefängnissen gerettet werden, allein 7600 in New Orleans. Unter strengster Bewachung wurden sie per Bus und Boot in neue Strafanstalten verlegt. Einige nutzten das Chaos zur Flucht.

Auf den Straßen von New Orleans macht sich Gesetzlosigkeit breit. Angesichts hemmungslos marodierender Räuberbanden zog Bürgermeister Ray Nagin praktisch alle Polizisten vom Rettungseinsatz ab und wies sie an, für Ordnung zu sorgen.

New Orleans - "Die Plünderer nähern sich den dichter besiedelten Gebieten, Hotels und Krankenhäusern. Wir werden das stoppen", sagte Nagin. Aus New Orleans wurden Dutzende Raubüberfälle gemeldet. Die Diebe benutzten Mülltonnen und Luftmatratzen, um ihre Beute wegzuschaffen, darunter Lebensmittel, Kleidung, Fernseher und Waffen.

Ein Lastwagen mit Medikamenten für ein Krankenhaus wurde überfallen und ausgeraubt. Polizisten sagten, auf sie sei geschossen worden. Außerhalb der Stadt bedrohte eine bewaffnete Bande einen Lastwagen, der mit Lebensmitteln, Wasser und Medikamenten beladen war.

In den Flutgebieten im Süden der USA macht sich Anarchie breit. Waffen-Läden wurden ausgeraubt. In Wild-West-Manier schießen Menschen auf Retter. Lkw mit Medikamenten und Hilfsgütern wurden überfallen. Die Behörden ziehen Tausende Streitkräfte von der Evakuierung der Flutopfer ab, um den Plünderern Einhalt zu gebieten.

Nach dem Bruch von zwei Dämmen strömte das Wasser auch heute weiter ungehindert in die Stadt, die bereits zu 80 Prozent in einer rotbraunen Suppe aus Abwasser, Benzin und Müll stand. An einigen Stellen stand das Wasser sieben Meter hoch.

Bereits gestern Abend gab Nagin bekannt, dass er allein in seiner Stadt mit mehr als 1000 Toten rechne. Nach Angaben des Bürgermeisters liegen noch viele Leichen in den Häusern. Auch in anderen Teilen der Südstaaten Louisiana, Mississippi und Alabama warten noch immer Tausende auf Rettung.

Erst kam die Naturkatastrophe, dann kamen die Plünderer. Inmitten des von den Fluten angerichteten Chaos liefern sich Polizei und Plünderer heftige Schießereien. New Orleans gilt als schönste Stadt im Süden der USA. Doch schon vor "Katrina" war es auch eine Hochburg der Kriminalität.

2. September: Republikaner: "New Orleans' Wiederaufbau macht keinen Sinn"
In den USA ist eine Debatte über die Zukunft von New Orleans entbrannt. Der republikanische Sprecher des Abgeordnetenhauses will einen Großteil der Stadt abreißen lassen. Demokratische Abgeordnete aus dem US-Staat Louisiana protestierten umgehend.

US-Präsident Bush hat erstmals eingeräumt, dass die Rettungsmaßnahmen für die Opfer des Hurrikans "Katrina" im Süden der USA mangelhaft sind. Er versprach unverzügliche und umfassende Hilfen. Zuvor hatte der Bürgermeister von New Orleans den Präsidenten öffentlich beschimpft.

Tausende Hurrikan-Opfer sind unter katastrophalen Bedingungen im Superdome von New Orleans eingepfercht. In dem Stadion soll es zu Vergewaltigungen und sogar Mord gekommen sein. Die Wut der Menschen auf die Untätigkeit der Behörden wächst.

Die Münchener Rück muss ihre Schadenprognose nach dem verheerenden Hurrikan "Katrina" anpassen. Der weltgrößte Rückversicherer erklärt, dass die Kosten für das Unternehmen höher sein könnten als bislang geschätzt.

Sturmfolgen: Schaden auf 150 Milliarden Dollar geschätzt
Die von "Katrina" verursachten Zerstörungen werden die Vereinigten Staaten mehr kosten als bislang geschätzt. Der durch den verheerenden Hurrikan angerichtete Schaden ist nach neuen Prognosen rund viermal so groß wie bisher vermutet.

"Kriegt endlich euren Arsch hoch"
Wut, Verbitterung, Verzweiflung: Weil die Hilfsmaßnahmen in dem Katastrophengebiet nur schleppend anlaufen, hat Ray Nagin, Bürgermeister von New Orleans, in einem Interview mit dem örtlichen Radiosender WWL schwere Vorwürfe gegen die Bush-Regierung erhoben.

Eine Woche später: Während Techniker beginnen, aus dem überfluteten New Orleans das Wasser abzupumpen, wird langsam die Umweltkatastrophe sichtbar: Das stark verunreinigte Wasser kann nicht gefiltert werden. Die "Giftsuppe" landet im See und hinterlässt an Land giftigen Schleim.

Faulige Abwässer, verwesende Leichen, Müll, Giftstoffe, Öl - es ist eine höllische Mischung, die derzeit durch die überschwemmten Straßen von New Orleans zieht. Immer mehr wird deutlich, welch katastrophale Folgen der Hurrikan "Katrina" auch für die Umwelt hat. Schon sind Wissenschaftler damit beschäftigt, Entsorgungspläne für die unvorstellbar große Menge von bis zu 90 Millionen Tonnen Müll zu entwerfen, die in der Stadt herumliegen. Wohin mit den Resten zerstörter Häuser und Autos? Was tun mit zersplitterten Fensterrahmen, kaputten Klimaanlagen und Kühlschränken? Selbst für erfahrene Experten ist der Fall New Orleans eine nie da gewesene Herausforderung.



Abschließend noch weitere Bilder der Katastrophe:



















Web-Tagebuch von Lia Kim Alina